StartHub Hessen
10.04.2025

Wie ein Start-up das Flughafen-Vorfeld klimafreundlicher macht

HTM will Flughäfen helfen, klimaneutral zu werden und hat dafür einen Gepäckschlepper mit Wasserstoff-Hybridantrieb entwickelt. Viel Unterstützung erhält das Team aus Hessen – von HOLM und TU Darmstadt.

Das Start-up HTM hat einen innovativen Gepäckschlepper mit einem Wasserstoffverbrennungsmotor entwickelt. © Dilo GmbH/Boanerges Meza
HOLM-Start-up Förderprogramm (House of Logistics and Mobility)
TU DarmstadtHOLMHydro Technology MotorsWasserstoffHTMInnovationHessenStart-up

Es dürfte zu den ganz großen Herausforderungen im Mobilitätssektor gehören: Der Luftverkehr muss bis 2045 treibhausgasneutral werden. Dazu hat sich die Bundesregierung im Klimaschutzgesetz verpflichtet. Damit diese Vorgabe erfüllt wird, müssen die CO2-Emissionen an den Flughäfen sinken. Um das zu schaffen, gilt es viele Bereiche der Airports genau unter die Lupe zu nehmen.

Genau das macht auch Maximilian Wack – sein Blick richtet sich dabei allerdings nicht in die Luft, sondern auf das, was sich am Boden abspielt. „Einer der Hauptfaktoren für Emissionen auf Flughäfen sind die vielen Fahrzeuge, die auf dem Vorfeld unterwegs sind“, sagt Wack. Der Geschäftsführer des Start-ups HTM – Hydro Technology Motors blickt dabei besonders auf die Gepäckschlepper. „Alleine am Frankfurter Flughafen gibt es 700 dieser Fahrzeuge, die rund um die Uhr unterwegs sind, um Gepäck und andere Dinge zu transportieren.“ Da die Schlepper momentan üblicherweise mit Verbrennungsmotoren ausgestattet sind, stoßen sie entsprechend viel CO2 aus.

Prototyp läuft seit Anfang April im Testbetrieb am Flughafen Hamburg

Genau das will HTM ändern: Das Start-up hat einen Gepäckschlepper entwickelt, der statt eines klassischen Verbrennungsmotors über ein hybrides Antriebssystem verfügt, bei dem Wasserstoff als Treibstoff dient. Nach einer jahrelangen Entwicklungsphase hat HTM gerade einen wichtigen Meilenstein geschafft: Im März präsentierte das Start-up auf dem Flugplatz in Griesheim seinen ersten Prototypen. Dieser befindet sich seit April nun im Testbetrieb am Flughafen in Hamburg.

Auf dem Flugplatz in Griesheim wurde der Gepäckschlepper-Prototyp im März erstmals vorgestellt.

Um ein solches Projekt voranzutreiben, hat ein Start-up im Idealfall einige Partner an Bord. Das ist auch bei HTM der Fall: Entstanden Ende 2019 als Ausgründung der TU Darmstadt, befindet sich der Sitz des Start-ups heute im rheinland-pfälzischen Bingen. Intensiv betreut wird HTM jedoch auch in Hessen. Neben der TU Darmstadt vor allem vom in Frankfurt ansässigen House of Logistics and Mobility (HOLM), das sich auf die Unterstützung und Vernetzung von Unternehmen der Mobilitäts- und Logistikbranche spezialisiert hat. Dort war HTM Teil der Start-up-Förderung. Auch nach dem Ende der zweijährigen Förderphase nutzt das Start-up weiterhin Räumlichkeiten im HOLM in unmittelbarer Nachbarschaft zum Frankfurter Flughafen. „Für uns ist das ein sehr spannendes Projekt“, betont Tom Bergmann von der Start-up-Förderung im HOLM. „Wir haben viele Schnittstellen in andere Länder und Regionen Deutschlands und verfolgen gleichzeitig unser Ziel, vielversprechende Start-ups bei uns im HOLM zu halten.“

Auf der Transport Logistic-Messe wird die Innovation präsentiert

Gemeinsam mit dem HOLM wird HTM seinen innovativen Gepäckschlepper vom 2. bis 5. Juni bei der Transport Logistic-Messe in München auf dem hessischen Gemeinschaftsstand präsentieren. Was sich der HTM-CEO von dem Messeauftritt vor allem erhofft: Kontakte zu weiteren Flughäfen zu knüpfen, die sich ebenfalls für den Gepäckschlepper mit dem klimafreundlichen Antrieb interessieren. „Wir sind bereits im Gespräch mit weiteren deutschen Flughäfen, aber auch international“, berichtet Wack. Europaweit signalisiere man etwa in den baltischen Staaten oder den Niederlanden großes Interesse am Thema. Gleiches gelte auch für Flughäfen in den Vereinigten Arabischen Emiraten oder Japan.

Hessische Start-ups bei der Transport Logistic-Messe in München

Auf der Transport Logistic-Messe im Juni wird HTM nicht das einzige Start-up sein, das sich gemeinsam mit dem HOLM am hessischen Gemeinschaftsstand präsentiert. Auch die Start-ups Rail-flow (digitales Ökosystem zur Verbesserung von Zusammenarbeit und Effizienz im Schienengüterverkehr), PRIOjet (Logistikplattform für Anbahnung, Organisation und Abwicklung sehr zeitkritischer Sendungen) und PacfliX (Verbesserung der lokalen Paketzustellung auf der letzten Meile) werden sich und ihre Angebote in München vorstellen.

Zunächst fokussiert man sich bei HTM jedoch auf den Testbetrieb in Hamburg, der auf sieben bis neun Monate angelegt ist. In dieser Zeit soll sich das hybride Antriebssystem im Praxisbetrieb beweisen. Hybrid ist der Antrieb deshalb, weil neben dem Wasserstoff auch Strom genutzt wird, um den Gepäckschlepper fortzubewegen. „Die Strom-Komponente des Antriebs kann man mit einem Mild Hybrid in einem Auto vergleichen“, erklärt Wack. Eine vergleichsweise kleine Batterie speichert die Energie, die beim Bremsen zurückgewonnen wird. Dieser Strom wird anschließend für das Anfahren verwendet. Den Großteil des Antriebs übernimmt aber die Wasserstoffkomponente im Wasserstoffverbrennungsmotor.

Reiner Batterie-Antrieb wäre für Gepäckwagen schwer umsetzbar

Doch warum nicht auf einen reinen Strom- oder Wasserstoffantrieb setzen? „Ein rein batteriebetriebenes Fahrzeug wäre schwer umsetzbar, unter anderem weil die Batterien zu schwer sind und die Fahrzeuge rund um die Uhr genutzt werden“, sagt Wack. In den komplexen Abläufen eines Flughafens wäre es somit schwierig, die nötigen Zeitfenster zu finden, in denen die Batterien der Gepäckschlepper aufladen können. „Auch der Betrieb bei niedrigen Temperaturen wäre eine Herausforderung“, sagt Wack. Ein Antrieb, der ausschließlich auf Wasserstoff setzt, etwa mit einer Brennstoffzelle, wäre im Vergleich zum System von HTM wiederum deutlich teurer, erläutert der Start-up-CEO.

Das Team des Start-ups HTM um CEO Maximilian Wack (rechts).

Was Flughäfen für den Einsatz der innovativen Gepäckschlepper dennoch brauchen: eine funktionierende Wasserstoff-Infrastruktur, damit den kleinen Arbeitstieren des Vorfelds der Treibstoff nicht ausgeht. „Aktuell hängt die Wasserstoff-Infrastruktur noch stark vom jeweiligen Flughafen ab“, sagt Wack. Doch das werde sich in Zukunft ändern, ist er überzeugt: „Im vergangenen Jahr wurde das Konzept für ein Wasserstoff-Kernnetz in Deutschland verabschiedet, bei dem die meisten Flughäfen als Abnehmer vorgesehen sind.“

Prototyp entstand in mehrjähriger Entwicklungsphase

Seit einem Jahr bereitet HTM gemeinsam mit dem Flughafen Hamburg die Testphase vor. Der innovative Gepäckschlepper ist nicht das einzige Projekt, an dem das Start-up arbeitet, das von den vier Gründern Maximilian Wack, Daniel Mescheryakov, Jonas Kahl und Silas Hofmann ins Leben gerufen wurde und heute neben dem Quartett zwölf weitere Mitarbeiter zählt. Und doch ist der orangefarbene Prototyp eines der zentralen Vorhaben von HTM. Der Kooperation mit dem Flughafen Hamburg ging eine mehrjährige Entwicklungsphase voraus, in deren Zuge ein bestehender Gepäckschlepper mit Verbrennungsmotor umgebaut wurde. „Wir haben den Verbrennungsmotor ausgebaut und unser hybrides Antriebssystem an dessen Stelle eingesetzt“, erklärt Wack.

Auch im Bereich Forschung ist HTM mit seinem Gepäckschlepper weiterhin aktiv. Gemeinsam mit der TU Darmstadt läuft aktuell ein Forschungsprojekt, bei dem die Stickoxid-Emissionen des neu entwickelten Fahrzeugs gemessen werden. Finanziell unterstützt wird das Projekt wiederum von der Innovationsförderung des HOLM. Auch das ist eine Premiere: Denn mit HTM profitiert erstmals ein Start-up direkt von der HOLM-Innovationsförderung.

Erstmals profitiert ein Start-up von der HOLM-Innovationsförderung

„Wir unterstützen sowohl forschungs-, als auch anwendungsbezogene Projekte“, erklärt Susanne Theilacker, die die Innovationsförderung im HOLM betreut. „Dabei arbeiten wir meistens in Kooperation mit Universitäten.“ Ein Grund dafür ist, dass über die Innovationsförderung Zuschüsse in Höhe von meistens 50 Prozent der gesamten Projektsumme fließen. Die Partner müssen also auch einen gewissen Eigenanteil einbringen. Für HTM war das kein Problem, da das Start-up zuvor bereits in zwei Finanzierungsrunden 1,7 Millionen Euro Investorengeld eingesammelt hat – sowohl aus dem Venture Capital-Bereich als auch von strategischen Investoren und der Investitions- und Strukturbank des Landes Rheinland-Pfalz. Mit der Innovationsförderung dazu beitragen, vielversprechende Start-ups zu unterstützen und in der Region zu halten, das wünscht sich auch Theilacker: „Wir wollen die Start-ups, die wir im HOLM kennen, in ihrer weiteren Entwicklung begleiten.“

Auch interessant für dich